„Abends läuft es gut. Es dauert meist nicht länger als eine halbe Stunde und mein Anton schläft ein. Aber nachts. Nachts aber wird er bis zu 10 mal wach. Und wenn ich nicht eine halbe Stunde mit an seinem Bettchen sitze, bis er wieder einschläft, wird gar nichts. Ich kann das einfach nicht mehr leisten. Ich bin tagsüber so müde und kaputt…“
Berichtete mir eine verzweifelte Mama mit Tränen in den Augen von der aktuellen Schlafsituation mit ihrem Sohn. Anton war zu dem Zeitpunkt 2 Jahre alt.
Schlafentzug ist nicht ohne Grund eine Foltermethode. Ich habe vollstes Verständnis, wenn du als Mama oder Papa sagst: Ich kann nicht mehr. Es ist immer wichtig und richtig sich Hilfe zu suchen, wenn man nicht mehr weiter weiß. Die Frage ist: Kann Anton schlafen lernen?
Schlafphasen und Schlafrhythmus
Jedes Baby schläft anders. Die Variationen sind vielfältig.
Neugeborene schlafen etwa 16-20 Stunden am Tag, jedoch in kurzen Schlafzyklen. Dabei reicht die Bandbreite einer Schlafphase von 30 Minuten bis 4 Stunden.
Diese kurzen Schlafphasen sind in den ersten Wochen und Monaten nach der Geburt typisch.
Neugeborene haben noch keinen ausgereiften Schlaf-Wach-Rhythmus entwickelt, und Hunger, Windelwechseln oder einfach nur das Bedürfnis nach Nähe, können dazu führen, dass sie häufig aufwachen. Der Schlaf-Wach-Rhythmus passt sich erst langsam an den Tag-Nacht-Zyklus an.
Im Laufe des ersten Jahres etablieren sich tagsüber längere Wachzeiten, und der Tag-Nacht-Rhythmus beginnt sich zu stabilisieren. Die Tiefschlafphasen werden länger.
Bei Kleinkindern (1-2 Jahre) dauert der Nachtschlaf etwa 10-12 Stunden. Tagsüber schlafen viele nur noch über die Mittagszeit.
Bei Kindergartenkindern dauert der Mittagschlaf meist nicht mehr lang. Es gibt durchaus Kinder, die sich mit 4 Jahren nicht mehr tagsüber hinlegen möchten. Auch das ist völlig normal. Wie gesagt, die Variationen beim Schlafverhalten sind riesig. Lass dich da nicht verunsichern.
Was hat das Schlafen lernen mit der Gehirnentwicklung zu tun?
Die Gehirnreifung deines Babys und sein Schlaf stehen in enger Verbindung und sind von großer Bedeutung für die gesunde Entwicklung deines Kindes.
- REM-Schlaf (Traumschlaf): Neugeborene verbringen einen erheblichen Teil ihres Schlafs im sogenannten REM-Schlaf, der durch schnelle Augenbewegungen und lebendige Träume gekennzeichnet ist. Der REM-Schlaf spielt eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung des Gehirns, insbesondere bei der Festigung von Lern- und Gedächtnisprozessen.
- Synaptische Entwicklung: Im Schlaf, besonders im Tiefschlaf, findet eine Zunahme von Synapsen und neuronalen Verbindungen statt. Dies ist besonders wichtig für die Gehirnreifung und die Entwicklung von kognitiven Fähigkeiten. Der Schlaf unterstützt somit die Bildung von Strukturen im Gehirn, die für das Lernen und die Informationsverarbeitung entscheidend sind.
- Konsolidierung von Informationen: Der Schlaf spielt eine entscheidende Rolle bei der Konsolidierung von Informationen, die das Neugeborene tagsüber gesammelt hat. Dies betrifft nicht nur das Gedächtnis, sondern auch emotionale Verarbeitungsprozesse.
- Regulierung des Schlaf-Wach-Rhythmus: In den ersten Wochen und Monaten passt sich der Schlaf-Wach-Rhythmus deines Babys langsam an den Tag-Nacht-Zyklus an. Ein ausgewogener Schlaf-Wach-Rhythmus ist wichtig, um die Gehirnreifung zu fördern und eine gesunde Entwicklung zu unterstützen.
Du als Mama oder Papa spielst eine entscheidende Rolle, indem du für eine ruhige und sichere Schlafumgebungsorgst, regelmäßige Schlafgewohnheiten förderst und auf die Bedürfnisse deines Babys eingehst.
Günstige und eher ungünstige Einschlafgewohnheiten
Die nachfolgende Auflistung sind Vorschläge, die du individuell an eure Gegebenheiten Zuhause und die Bedürfnisse deines Kindes anpassen solltest.
Günstige Einschlafgewohnheiten | Ungünstige Einschlafgewohnheiten |
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Feste Schlafenszeit: fördern einen stabilen Schlaf-Wach-Rhythmus | Unvorhersehbare unregelmäßige Schlafenszeiten können den Schlafrhythmus stören. |
Beruhigendes Ritual: ein ruhiges und wiederholbares Schlafritual stimmt dein Baby auf die Schlafenszeit ein. | Vermeide vor dem Schlafengehen zu viel Aufregung oder aufputschende Aktivitäten. |
Gemütliche Schlafumgebung: Ein dunkler, ruhiger und angenehmer Schlafplatz fördert einen erholsamen Schlaf. | Vermeide grelles Licht, laute Geräusche oder zu viele visuelle Reize vor dem Zubettgehen. |
Beruhigende Atmosphäre: Sanftes Kuscheln, Singen oder leises Sprechen kann dein Baby beruhigen. | Wie oben schon beschrieben. |
Selbstständiges Einschlafen fördern: selbstständig einzuschlafen kann nicht jedes Kind sofort. Ihr könnt es immer wieder probieren. Es gibt dafür keine Schema F. | Abhängigkeit von Einschlafhilfen: Vermeide, dass dein Baby ausschließlich auf bestimmte Einschlafhilfen (z.B. du) angewiesen ist, um einzuschlafen. Anfangs kann das natürlich noch sehr hilfreich sein. Aber nicht über Jahre. |
Kennst du folgende Situation? Antons Mama berichtet weiter:
„Anton ist nachts manchmal stundenlang wach. 1,5 Stunden sind dabei keine Seltenheit. Wir füttern ihn, er ist also satt. Genug getrunken hat er auch. Aber er will einfach nicht mehr einschlafen.“
In solchen Situationen rate ich Eltern die Bettzeit als Schlafzeit zu betrachten. Sprich den versäumten Schlaf in der Nacht nicht morgens nachholen zu lassen und feste Zeiten einzuführen. Das heißt wenn dein Kind im Durchschnitt 13 Stunden schläft, nicht länger als 13 Stunden im Bett zu verbringen.
Braucht dein Kind den Schnuller zum Einschlafen und wird wach, wenn der Schnuller aus dem Mund fällt? Leg doch mehrere Schnuller ins Bett und übt abends, einen Schnuller zu nehmen und in den Mund zu stecken. Das erspart euch die „Ich brauch meinen Schnuller“-Schlafunterbrechungen.
Die „Trösten und Beruhigen“-Methode
Eine sanfte Methode um schlafen „lernen“ zu üben und um Schlafunterbrechungen deines Babys in der Nacht liebevoll zu begleiten, ist die „Trösten und Beruhigen“-Methode. Hier ist eine beispielhafte Schritt für Schritt Anleitung:
- Aufmerksames Warten: Wenn dein Kind nachts aufwacht, warte einen kurzen Moment (einige Sekunden) ab, bevor du reagierst. Manchmal schläft dein Kind von selbst wieder ein, ohne Hilfe.
- Beruhigende Anwesenheit: Gehe leise zu deinem Baby und bleib ruhig in seiner Nähe. Sprich in sanftem Tonfall und berühr es leicht, um es zu beruhigen. Eine Hand auf den Bauch oder sanftes Streicheln können schon Wunder wirken.
- Beruhigende Worte: Verwende beruhigende und monotone Worte, um dein Kind Sicherheit zu vermitteln. Wiederhole zum Beispiel leise Worte wie „Alles ist in Ordnung“ oder „Mama/Papa ist hier“.
- Lichtdämmung: Vermeide helles Licht. Ein gedämpftes Nachtlicht kann dabei helfen, eine beruhigende Atmosphäre zu schaffen.
- Kuscheln im Bett: Lässt sich dein Baby nicht beruhigen, nimm es natürlich hoch. Auf und ab laufen, der regelmäßige Rhythmus deiner Schritte kann schnell Abhilfe schaffen.
- Geduldiges Begleiten: Es ist wichtig, geduldig zu sein und deinem Kind Zeit zu geben, um wieder in den Schlaf zu finden. Bleib ruhig und liebevoll.
- Langsamer Rückzug: Nachdem sich dein Baby beruhigt hat, leg es wieder in sein Bettchen und verlasse das Zimmer langsam und leise. Vermeide dabei plötzliche Bewegungen oder laute Geräusche.
Tipp: Sprich mit deinem Partner oder anderen Familienmitgliedern über die Methode, um Unterstützung zu erhalten. Teilt euch die Verantwortung, wenn möglich, und ermutigt euch gegenseitig.
Ganz wichtig: jede Familie und jedes Baby sind unterschiedlich. Diese Methode erfordert Geduld und Konsistenz. Es ist wichtig, die Signale deines Babys zu beachten und die Schritte entsprechend anzupassen.
Die Methode wird nicht zack sofort helfen, aber nach und nach, Nacht für Nacht, wird es besser werden. Du gibst als Elternteil die Struktur und die Grenzen vor. Und vor allem den Zeitpunkt, ob das nach 9 Monaten oder nach 18 Monaten der Fall ist, ist euch überlassen.
Keine Methode ist für alle Babys geeignet! Wenn Unsicherheiten oder ernsthafte Probleme auftreten, kann es hilfreich sein, professionelle Unterstützung von einem Kinderarzt, Schlafexperten oder Kinderosteopathen in Anspruch zu nehmen.
Und jetzt erzähl mal, wie klappt es oder hat es bei euch geklappt? Ich bin gespannt!